Titel: Leuchtende Nachtwolken im Sommer Autor: Mario König Datum: 21.07.2022
Leuchtende Nachwolken im Sommer
Im Frühsommer beginnt für die Hobbyastronomen die Zeit der sogenannten weißen Nächte. In der Zeit von Mitte Mai bis Ende Juli tritt auf der Nordhalbkugel in unseren Breiten die astronomische Dämmerung aufgrund des Sonnenumlaufs nicht mehr ein. Ernsthafte astronomische Beobachtungen und die Astrofotografie werden erschwert oder sogar nahezu unmöglich, wenn auch noch der Mond den Himmel zusätzlich aufhellt.
Aber was macht der engagierte Hobbyastronom in dieser Zeit?
Zum Glück gibt es eine Vielzahl interessanter Himmelsphänomene, wie zum Beispiel die leuchtenden Nachtwolken (engl. noctilucent clouds oder kurz NLC). Dabei handelt es sich um eine faszinierende atmosphärische Erscheinung, die mit ein wenig Glück nur für etwa 6 Wochen um die Sommersonnenwende beobachtbar ist. Nur in dieser kurzen Zeit werden die erforderlichen Bedingungen in der Mesosphäre erreicht. Dabei unterscheiden sich leuchtende Nachtwolken ganz erheblich von gewöhnlichen Wolken. Während diese bis in einer Höhe von max. 13 km anzutreffen sind, bilden sich unter ganz bestimmten Bedingungen die leuchtenden Nachtwolken in einer Höhe vom etwa 83 km - der Mesosphäre. Zu diesen Bedingungen zählen extrem niedrige Temperaturen von rund 140 Kelvin (ca. -130 ° Celsius) und starke Winde in der Mesosphäre. Ferner sind entweder Staubpartikel als Kondensationskeime erforderlich, oder es bilden sich aufgrund des Dipolcharakters der Wassermoleküle sogenannte Wasserclusterionen. So kommt es zu einer Bildung und Ansammlung von Wassereiskristallen, welche sich zu Wolken ausbilden. Diese Wolken aus Eiskristallen reflektieren das Licht der längst untergegangenen Sonne vor dem sommerlichen Nachthimmel. Die Sonne steht bei der Sichtung von NLC bereits zwischen 6° und 16° unter dem Horizont. Es ist also nicht selten bereits Mitternacht, wenn diese Wolken als zarter silberner Schleier in der tiefblauen Dämmerung des sommerlichen Nachthimmels in Erscheinung treten. Es ist ein wirklich anmutender Anblick, wenn zeitglich bereits die Sterne am deutlich dunkleren Himmel über den leuchtenden Nachtwolken glitzern.
Wo und wie lassen sich leuchtende Nachtwolken beobachten?
Leider gibt es keine eindeutige Prognose, aus der man sicher die Erscheinung von NLC ableiten könnte. Als eine Hilfe kann aber die Radarmessung des OSWIN-Radars vom Institut für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn dienen, das zur Untersuchung der Hochatmosphäre genutzt wird (Link: OSWIN-Radar). Ist hier ein Echo zu sehen, stehen die Chancen meist gut NLC beobachten zu können. Es ist aber weder eine Garantie auf die Sichtbarkeit noch eine Vorhersage auf die Intensität möglich. Auf jeden Fall muss in unseren Breiten der Blick Richtung Norden gerichtet werden. Dazu ist unbedingt ein möglichst horizontnaher Blick auf den Himmel erforderlich, da bei uns NLC gewöhnlich nur bis zu einer Höhe von 20° zu sehen sind. Nur in ganz außergewöhnlichen Fällen sind diese auch noch deutlich höher zu beobachten. In dem genannten Zeitraum kann in Horizontnähe im Norden leicht der Hauptstern des tiefstehenden Sternbildes Fuhrmann (Capella) ausgemacht werden. Dieser Stern kann als ein ausgezeichneter Wegweiser genutzt werden. Alle NLC bilden sich in der Regel in Richtung dieses Sterns.
Versuchen Sie doch auch einmal Ihr Glück und lassen Sie sich von diesem einmaligen Naturschauspiel verzaubern!
15.07.2015: Ausgeprägte NLC über dem Schillohsberg bei Lutterloh
13.06.2019: NLC über der Brambosteler Heide
15.07.2018: NLC über der Ostsee nahe Heiligenhafen
17.06.2019: NLC mit tieferen Wolken über Lutterloh
23.06.2019: NLC über dem Steinhuder Meer
21.06.2019: außergewöhnlich hohe Aktivität von NLC bis nahe zum Zenit
19.07.2020: Einmalige Aufnahme des Kometen C2020 F3 (Neowise) mit NLC über dem Heidesee in Müden (Örtze)